Seit Jahrtausenden wird der Olivenbaum (Olea europea) im Mittelmeerraum kultiviert. Während die positiven Eigenschaften der Olivenfrucht und des daraus gewonnenen Öls den meisten Menschen bekannt sind, geriet die therapeutische Wirkung von dessen Blättern fast in Vergessenheit.
Schon allein die Tatsache, dass Olivenbäume weit über 1000 Jahre alt werden können und das in Regionen mit nur wenig Regen und langen Trockenzeiten, zeigt die Kraft, die in den Bäumen steckt. Die Früchte können als Oliven oder Olivenöl genossen werden. Die Olivenblätter hingegen trinkt man in Form eines (leider sehr bitteren) Olivenblatt-Tees oder nimmt den konzentrierten Olivenblattextrakt in Kapselform ein.
Olivenblätter haben eine ganz andere Wirkung auf unsere Gesundheit als das Olivenöl. Letzteres wirkt insbesondere über die Eigenschaften der einfach ungesättigten Fettsäuren, während der Olivenblatt-Extrakt aus hochkonzentrierten Polyphenolen und anderen Pflanzenstoffen besteht, v.a. Oleuropein, aber auch Hydroxytyrosol, Flavonoiden, Phytosterinen, Glycosiden und Terpenen.
Oleuropein ist ein starkes Antioxidans, das zwar in allen Pflanzenteilen des Olivenbaums vorkommt; der höchste Anteil lässt sich jedoch in den Olivenblättern feststellen. Während in den Oliven zwischen 4 und 350 mg Oleuropein pro 100 g Oliven enthalten sind, können flüssige Olivenblatt-Extrakte zwischen 800 und 950 mg pro 100 ml enthalten (vgl. https://www.internetchemie.info/substanz/Oleuropein.php).
Die gesundheitlichen Gesamtwirkungen des Olivenblattextraktes beruhen dabei vermutlich auf dem Zusammenspiel seiner zahlreichen heilsamen Inhaltsstoffe. Sie wirken synergetisch und verstärken sich so in ihrer Wirksamkeit. Die starke antioxidative Kraft des Olivenblatt-Extraktes (vgl. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/9781119135340.ch19 und https://www.cell.com/heliyon/fulltext/S2405-8440(18)31888-7?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS2405844018318887%3Fshowall%3Dtrue), sein hoher Chlorophyllgehalt sowie die große Anzahl der enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe erklären die nachfolgenden Einzelwirkungen des Olivenblatt-Extraktes, die größtenteils durch erste wissenschaftliche Studien belegt wurden (insbesondere In-vitro, vereinzelt liegen jedoch auch Humanstudien vor):
Olivenblatt-Extrakt wirkt
- antioxidativ: Olivenblattextrakt zeigt eine 2,5-fach höhere antioxidative Aktivität als die Antioxidantien Vitamin C und E.
- antibakteriell (vgl. https://ann-clinmicrob.biomedcentral.com/articles/10.1186/1476-0711-13-24, https://www.frontiersin.org/journals/microbiology/articles/10.3389/fmicb.2017.00113/full und https://www.researchgate.net/publication/320876772_The_antimicrobial_activities_of_olive_leaf_extract_against_some_pathogenic_bacteria)
- antiviral (gegen Herpes simplex)
- antimykotisch (gegen Pilze, z. B. Candida albicans) (vgl. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5490280/ und https://www.mdpi.com/1420-3049/21/12/1631)
- antiparasitär
- entzündungshemmend
- immunstärkend
Olivenblatt-Extrakte zeichnen sich durch außergewöhnlich gute Bekömmlichkeit und hohe Bioverfügbarkeit aus. Sie sind nebenwirkungsfrei und können als Nahrungsergänzung unbedenklich länger eingenommen werden.
Biochemische Wirkmechanismen von Olivenblattextrakten
- Olivenblattextrakte reduzieren die Expression von Genen, die den Fettaufbau fördern: PPARy, Lipoprotein Lipase, Fettsäure bindendes Protein 4 (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20495905/).
- Olivenblattextrakte steigern die Differentation von Osteoblasten (gesteigerte Produktion von Osteoblastengenesemarkern RUNXII, Osterix, Kollagen Typ 1, Osteokalzin und alkalische Phosphatase) (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20495905/).
- Olivenblattextrakte regen die Entwicklung von Blutgefäßen an VEGF Produktion (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24518972/).
- Olivenblattextrakte normalisieren MDA und die Blutzuckerspiegel (vgl. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0024320505009641).
- Olivenblattextrakte senken den linksventrikulär entwickelten und den systolischen Blutdruck und verbessern Schlagvolumen, Auswurffraktion und Herzleistung, sowie die Spiegel der Superoxid Dismutase und der Glutathion Reduktase (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25119867/).
- Olivenblattextrakte verhindern eine Erhöhung der Serumspiegel von Malondialdehyd, Interleukin-1β, TNF-α, Kreatinkinase-MB, Troponin I und Laktat Dehydrogenase (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25119867/).
- Olivenblattextrakte erhöhen die Produktion von Proteinen, die einen Zelltod verhindern (Bcl-2, Bcl-XL, Bim und p53) (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20568104/).
Therapeutische Einsatzmöglichkeiten
Herz & Kreislauf
An der University of Reading (vgl. https://link.springer.com/article/10.1007/s00394-016-1188-y) in Großbritannien führte man im Jahr 2017 eine Doppelblindstudie mit 60 männlichen Probanden durch, die an einer Bluthochdruckvorstufe litten. Sie erhielten 6 Wochen lang einen Olivenblatt-Extrakt oder ein Placebo. Die Einnahme des Olivenblatt-Extrakts führte im Vergleich zum Placebopräparat zu deutlich verbesserten Blutdruckwerten. Der systolische Wert sank um durchschnittlich knapp 4 mmHg, der diastolische um etwa 3 mmHg . Auch das Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und die Triglyzeride wurden bei den Probanden dank Olivenblatt-Extrakt gesenkt, genauso die Werte des Entzündungsmarkers Interleukin-8.
Im Rahmen einer weiteren Studie mit 232 Patienten mit hohem Blutdruck waren 500 mg Oleuropein zweimal täglich für 8 Wochen genauso effektiv wie das Diuretikum Captopril in einer Dosierung von 12,5 bis 25 mg zweimal täglich, wenn es um eine Reduzierung von systolischem und diastolischem Blutdruck ging (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21036583/).
In einer Schweizer Studie aus dem Jahr 2008 mit eineiigen Zwillingen (vgl. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ptr.2455) mit leicht erhöhtem Blutdruck erhielten die Probanden acht Wochen lang entweder 500 oder 1000 mg eines Olivenblatt-Extraktes. Alle 14 Tage wurden das Körpergewicht, die Herzfrequenz, der Blutdruck sowie die Glucose- und Lipidwerte gemessen. Das Ergebnis: Der Blutdruck konnte mit dem Olivenblatt-Extrakt dosisabhängig gesenkt werden. Bei der höheren Olivenblatt-Extrakt-Dosis sank der systolische Wert um durchschnittlich 11 mmHg (von 137 auf 126), der diastolische Wert um durchschnittlich 4 mmHg (von 80 auf 76). Bei der niedrigeren Dosierung sanken die Werte nur wenig, in der Kontrollgruppe blieben sie unverändert bzw. stiegen sogar leicht. In der Olivenblatt-Gruppe sank auch der Cholesterinspiegel signifikant und dosisabhängig.
Die blutdrucksenkenden Wirkungen von Olivenblattextrakten beruhen möglicherweise auf dessen Fähigkeiten, die Funktion der Blutgefäße aufrecht zu erhalten, wie dies bei einer kleinen Studie mit 13 Probanden mit leicht erhöhtem Blutdruck beobachtet werden konnte (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25148955/). Bei Ratten mit hohem Blutdruck reduzierte ein Olivenblattextrakt den Blutdruck, die Herzfrequenz und eine Vergrößerung von Herz und Nieren, während es gleichzeitig die Funktion der Blutgefäße verbesserte (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26593388/).
Chronische Entzündungen
Im Rahmen einer Studie mit 18 gesunden Probanden reduzierte ein Olivenblattextrakt die Produktion entzündungsfördernder Zytokine (IL-8) und verbesserte die Funktion der Blutgefäße (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26051429/).
Bei einer weiteren klinischen Studie mit 45 Frauen mit Brustkrebs reduzierte eine Kombination von Hydroxytyrosol aus Olivenblattextrakt mit Omega-3 Fettsäuren und Kurkumin nach einem Monat der Einnahme Entzündungen (gemessen via sensitives CRP).
Hydroxytyrosol reduzierte außerdem bei einer kleinen Studie mit 25 Probanden mit Arthritis Entzündungen und Schmerzen (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23746949/).
Bei menschlichen Gehirnzellen verhinderte ein Olivenblattextrakt Entzündungen, indem es die COX-2 Produktion reduzierte (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26410343/). Die phenolischen Komponenten von Olivenblattextrakten zeigen auch signifikante Wirkung gegen Polyarthritis und Weichteilrheuma und alle Arten von Atemwegentzündungen.
Blutzuckerspiegel
Die blutzuckersenkende Wirkung von Oleuropein basiert auf dessen Fähigkeit, die Entstehung freier Radikale durch Nox2 zu blockieren, wie eine kleine Studie mit 20 gesunden Probanden zeigte (vgl. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6470561/).
Im Rahmen einer kleinen Studie mit 20 gesunden Probanden reduzierte Oleuropein aus Olivenblattextrakt die Blutzuckerspiegel nach Mahlzeiten, indem es die Produktion freier Radikale durch Nox2 blockierte (vgl. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6005585/).
Bei einer anderen Studie mit 46 übergewichtigen Männern in mittlerem Alter, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Typ 2 Diabetes aufwiesen, verbesserte eine Supplementation mit Olivenblattextrakt für 12 Wochen die Insulinsensitivität und die Aktivität der Zellen der Bauchspeicheldrüse, die Insulin produzieren (vgl. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3596374/).
Knochen
Bei einer klinischen Studie mit 64 Frauen mit Osteoporose konnte durch den Konsum eines Olivenblattextrakts für 12 Monate die Knochendichte aufrechterhalten und die Marker der Blutspiegel knochenbildender Zellen (Osteocalzin) erhöht werden (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25560820/).
Bei einer Studie mit menschlichen Knochenmarksstammzellen konnte beobachtet werden, dass Oleuropein die Knochenzellproduktion erhöhte (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20495905/).
Neurodegenerative Erkrankungen
Amyloid-Erkrankungen wie Alzheimer werden zumindest teilweise durch den Aufbau fehlgefalteter Proteine im Gewebe hervorgerufen, welche Entzündungen und Gewebeschäden bewirken (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26092624/). Olivenblattextrakte könnten verhindern, dass diese fehlgefalteten Proteine ins Gehirn gelangen. Dies verhinderte bei mit Mäusen durchgeführten Studien effektiv Toxizität und Gewebeschäden (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25293421/). Selbst in fortgeschrittenem Stadium von Alzheimer erlebten Mäuse nach einer Behandlung mit Oleuropein eine Verbesserung der Gehirnfunktion (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25293421/). Bei Ratten mit Parkinson reduzierte ein Olivenextrakt Zellschäden und Zelltod (vgl. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23394606/).
Oleuropein kann außerdem in der Zelle die Autophagie (das „Zellrecycling“) wieder in Gang setzen. Gerade bei Alzheimer wurde ein Autophagie-Mangel nachgewiesen, der zur Folge hat, dass sich Toxine in den Zellen anhäufen können. In einer Studie aus Spanien (vgl. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1155/2018/5010741) konnte 2018 an Hirnproben von Alzheimerpatienten gezeigt werden, dass Oleuropein in der Lage ist, die Autophagie einzuleiten, was womöglich einen Heilprozess anstoßen könnte.
Darm
Viele Verdauungsbeschwerden gehen mit Entzündungen der Darmschleimhaut einher.
Bei Darmproben, die von 14 Probanden mit Colitis Ulcerosa isoliert wurden, reduzierte eine Behandlung mit einem Olivenblattextrakt die Produktion entzündungsfördernder Moleküle (das Enzym COX-2 und das Zytokin IL.17) und die Infiltration von Immunzellen (CD3, CD4 und CD20), was in einer Reduzierung entzündlicher Schäden resultierte (vgl. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5409730/).
Der Olivenblattextrakt schafft zudem die „falschen“ Bakterien aus dem Verdauungssystem und ermöglicht auf diese Weise die Regeneration einer gesunden Darmflora. Darüber hinaus zeigt sich Olivenblattextrakt vielversprechend beim Einsatz gegen Candida-Pilze und Parasiten.
Gicht
Eine Studie der Universität Leipzig ergab, dass Olivenblätter Stoffe enthalten, die das Enzym Xanthinoxidase hemmen. Dieses Enzym fördert jedoch die Entstehung von Gicht. Damit wurde nun auch wissenschaftlich erste Belege dafür geliefert, was die traditionelle Volksheilkunde schon lange wusste. So werden in mediterranen Regionen Olivenblätter schon seit Jahrhunderten bei Gicht eingesetzt.
Einnahme-Empfehlung
Grundsätzlich sollten Pflanzenextrakte immer zu oder kurz nach den Mahlzeiten eingenommen werden. Ausnahme: Bei einem Candida-Befall, bei bakteriellen Verdauungsbeschwerden oder dem Vorhandensein von Parasiten könnten Sie die Verträglichkeit auf leeren Magen testen, weil dann der Extrakt besser wirkt. Sollten sich Durchfall oder Übelkeit einstellen, nehmen Sie den Extrakt besser nach einer kleinen Mahlzeit.