Astragalus, auch Tragant, Bocksdorn oder Huang Qi genannt, ist eine Hülsenfrucht aus der Familie der Schmetterlingsblütler (Fabaceae) und seit Jahrtausenden in der TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) für verschiedene Anwendungen geschätzt.
Unter den rund 3000 Astragalus-Arten sticht vor allem der mongolische Tragant (Astragalus membranaceus) heraus. Astragalus membranaceus war ursprünglich nur im nördlichen China und der Mongolei beheimatet, besiedelt heutzutage jedoch weite Teile der nördlichen Hemisphäre. Über den arabischen Raum trat Astragalus membranaceus schließlich den Siegeszug nach Europa an, wo auch die im 12. Jahrhundert lebende Kräuterkundlerin Hildegard von Bingen unter dem Deutschen Namen „Bocksdorn“ Gefallen an der Wirkung der Tragantwurzel fand.
Normalerweise wartet man, bis die Pflanzen des Astragalus membranaceus vier oder fünf Jahre alt sind, bevor sie für medizinische Zwecke geerntet werden. Zur Nutzung der Wurzeln, die große Mengen an Wirkstoffenenthalten, werden die Pflanzen ausgerissen. Anschließend werden die Wurzeln in Streifen geschnitten und dann getrocknet.
Reif geerntete Astragalus-Wurzeln faszinieren mit einer Vielfalt an interessanten Inhaltsstoffen. Von besonderem Wert ist hierbei der spezifische Mix aus sekundären Pflanzenstoffen – allen voran Astragaloside. Dies sind spezielle Saponine (schaumbildende Bitterstoffe), die ausschließlich in den Tragantwurzeln vorkommen und denen spezielle Wirkungen zugesprochen werden.
Das Astragalosid IV ist ein Saponin aus der Wurzel des Astragalus und kommt dort in winzigen Mengen vor. Ein äußerst komplexes und kostspieliges Verfahren ermöglicht es, dieses zu extrahieren und zu konzentrieren, um daraus eine aktive Wirkstoffmenge zu erhalten. Die im Handel üblicherweise verkauften Produkte, wie Astragaluspulver oder -extrakt, enthalten keine erfassbare bzw. relevante Menge an Astragalosid IV.
Das Astragalosid IV wurde am häufigsten untersucht. Diese Forschungsarbeiten legen folgende Wirkungen der Astragaluswurzel und des Astragalosid IV nahe:
1. Herz-Kreislauf-System
- Herzschutz bei Myokardischämie: Astragalosid IV zeigte in Studien sowohl in vivo als auch in vitro eine kardioprotektive Wirkung bei Myokardischämie.
- Verbesserung der Herzfunktion: Bei Patienten mit kongestiver Herzinsuffizienz führte die Behandlung mit Astragalosid IV über zwei Wochen zu einer signifikanten Reduktion der Herzfrequenz von durchschnittlich 88 auf 64 Schläge pro Minute sowie zu einer Linderung von Brustschmerzen und Atembeschwerden.
· Die Astragalus Wurzel hat in vitro 40% der Lipidperoxidation gehemmt. Diese Eigenschaft erklärt zum Teil die herz- und nervenschützenden Effekte des Astragalosid IV.
2. Immunmodulation
- Stärkung der Immunabwehr: Astragalosid IV kann die spezifische und unspezifische Immunität fördern, die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen Krankheiten erhöhen und die Bildung von Antikörpern verbessern. Konkret konnte folgende Wirkung auf das Immunsystem festgestellt werden:
- die Erhöhung der Stammzellen im Rückenmark und in den Lymphgeweben
- die Stimulierung der Produktion von Immunglobulinen und Makrophagen
- die Begünstigung der Aktivierung von T-Lymphozyten und natürlichen Killerzellen
3. Anti-Aging-Effekte
· Einer der am stärksten an Alterungsprozessen beteiligten Faktoren ist die Abnahme der Aktivität des Enzyms Telomerase. Astragalosid IV kann dieses Enzym stimulieren und damit die Telomer-Anzahl erhöhen. Es aktiviert die Telomerase und verhindert so die vorzeitige Verkürzung der Telomere. Dadurch werden die Zellalterung und deren negativen Auswirkungen auf den Organismus gelindert.
4. Entzündungshemmende Eigenschaften
- Hemmung von Entzündungsmediatoren: Astragalosid IV unterdrückt die Synthese von Entzündungsmediatoren und zeigt somit starke entzündungshemmende Eigenschaften.
- Bei Mäusen wurde bspw. festgestellt, dass die Fähigkeit des Astragalosid IV zur Abnahme der Fortschreitung der Entzündung der Atemwege im Fall von chronischem Asthma geführt hat.
5. Antivirale und antibaktierielle Wirkung
- Hemmung von Virusinfektionen: Astragalosid IV stimuliert die Funktion von Makrophagen und T-Zellen, fördert die Produktion von Interleukin und ermöglicht die Produktion von endogenem Interferon, um antivirale Effekte zu erzielen.
- Astragaloside IV hemmen die Replikation von bestimmten Viren wie bspw. der Coxsackie-Viren, die für die Myokarditis (Herzmuskelentzündung) verantwortlich sind. Sie induzieren sowohl bei Tieren als auch beim Menschen die endogene Produktion von Interferon und potentialisieren seine Aktivität auf virale Infektionen.
- In vitro wurde die antibakterielle Wirkung von Astragalus IV auf die Bakterien Shigella dysenteriae, Streptococcus haemolyticus, Diplococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus nachgewiesen.
6. Unterstützung der Nierenfunktion
- Verbesserung der Nierenfunktion: Astragalosid IV kann die Nierenfunktion verbessern und hilft beim Ausscheiden überschüssiger Flüssigkeit, was zur Unterstützung der normalen Blasenfunktion und des Harnflusses beiträgt.
· Die Astragalus Wurzel hat in vitro 40% der Lipidperoxidation gehemmt. Diese Eigenschaft erklärt zum Teil die herz- und nervenschützenden Effekte des Astragalosid IV.
7. Hemmung der Bildung von AGEs
· Astragaloside IV hemmen die Bildung von AGEs (Advanced Glycation Endproducts), die ursächlich für viele Erkrankungen und Alterungsprozesse sind.
8. Nervenschutz
· Die TCM verwendet den Extrakt aus Astragaluswurzel, um neurodegenerative Erkrankungen zu behandeln. Eine Studie hat die Fähigkeit des Astragalosid IV gezeigt, um die dopaminergen Neuronen (die progressive Degeneration der dopaminergen Neuronen ist der Ursprung für die Entwicklung von Parkinson) zu schützen.
9. Heuschnupfen & Allergien
· Dass die Tragantwurzel tatsächlich antiallergische Effekte aufweist, konnte eine Studie mit 48 Heuschnupfen-Patienten aufzeigen. In dieser nahmen Erwachsene mit allergischen Schnupfen während der Pollensaison sechs Wochen lang ein Präparat mit Astragalus membranaceus-Wurzelextrakt als Leitsubstanz ein. Es zeigte sich, dass die Einnahme zu einer Linderung des allergischen Schnupfens, des Niesens und Juckens führte, während die Betroffenen wieder an mehr Lebensqualität zurückgewannen
· Verwendet man das Astragalus-Wurzelextrakt als natürliche Hilfe bei Allergien, so sollte mit der Einnahme bereits einige Wochen vor der Allergiesaison (z.B. des Pollenflugs) begonnen werden und die komplette Beschwerdezeit hindurch fortgesetzt werden.
Quellen:
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